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Wechselseitiges Ergreifen -
Kunst als Brücke zwischen Mensch und Natur
I. Die Differenz Mensch-Natur
Das Wort "Brücke", bildlich
verwendet, bedeutet laut Grimmschem Wörterbuch, "zum übergang von einer
sache auf die andere, sonst abliegende"[1] dienen. Wenn Ernst Bloch von
der Kunst als einer "Brücke zwischen Mensch und Natur"[2] spricht, so
impliziert dies laut obiger Definition, Mensch und Natur lägen voneinander
ab. Spontanen Widerspruch ruft diese Feststellung nicht hervor, da die
Einheit von Mensch und Natur nicht zum abendländisch-christlichen Erbe
gehört, im Gegenteil: Der im biblischen Schöpfungsbericht als Stufenfolge
beschriebene Schöpfungsakt, mit dem Menschen als Krone und damit als Teil
der Weltschöpfung, wurde im Lauf der letzten Jahrhunderte überführt in
eine Dichotomie von Mensch und Natur. Die göttliche Schöpfung in Gestalt
der Natur galt zwar als das den Menschen materiell Erhaltende (gemäß Genesis
I, 28: "macht sie euch untertan"), gleichwohl aber ihn Gefährdende, weil
Geist- und Bewußtlose.
Im Gottesbeweis Thomas von
Aquins (1225 - 1274) wird ein entscheidender Schritt und wichtiger theologischer
Ausgangspunkt dieses Motivs gesehen[3]; Thomas schloß der aus der Bewegtheit
alles endlich Seienden notwendigerweise auf einen unbewegten Beweger.
Dieser auf das Kausalprinzip gestützte kosmologische Gottesbeweis - in
aristotelischer Tradition - führte zu einer Entfernung der Teleologie
aus der Natur und verlagerte sie einzig in den göttlichen Geist hinein:
"das, was kein Bewußtsein hat, tendiert in ein Ziel nur, wenn es von einem
bewußten und intelligenten Wesen gelenkt wird, wie der Pfeil vom Schützen."[4]
Erste Wirkursache ist der Geist. So wird eine Abwertung Natur forciert,
mit zweierlei Auswirkungen: Die absolute technische Verfügbarkeit über
die Natur wird vorbereitet, und die Frage nach dem menschlichen Wesen,
für das offensichtlich beide unterschiedenen Komponenten, also Geist und
Natur, konstitutiv sind, wird problematisch.
[1] Deutsches
Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm, Eintrag "Brücke", Nachdruck der
Erstausgabe von 1860, München 1999.
[2] Ernst Bloch: Experimentum
Mundi. Frage, Kategorien des Herausbringens, Praxis. Gesamtausgabe Band
15, Frankfurt am Main 1977, S. 221.
[3] So
von Robert Spaemann in seinem Artikel "Natur" in: Hermann Krings u.a.
(Hg.): Handbuch philosophischer Grundbegriffe, München 1973, S. 959.
[4] Thomas von Aquin:
Summa theologiae I, qu. 2,a.3., zitiert nach Spaemann, ebd. Später wird
Giordano Bruno das Bild vom Steuermann im Schiff verwenden, um das Verhältnis
Schöpfer-Materie zu veranschaulichen.
Veröffentlicht im Bloch-Jahrbuch
2000 "Bilderwelten", herausgegeben von Francesca Vidal, Mössingen-Talheim
2001
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die Autorin: zeilinger@ernst-bloch.net
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Doris |
Zeilinger
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