Kategorien

 Vorbereitende Topoi

von
Rainer E. Zimmermann

Bevor die Systematik der Kategorien entfaltet werden kann, müssen zunächst Topoi eingeführt werden, welche die Terminologie vorbereiten. Drei wesentliche Topoi werden im folgenden angegeben. Vor allem bereiten die Begriffe von "Daß" und "Was" die Definition der Kategorien im engeren Sinne vor.

Unmittelbare Nähe

  • Alle Zitate stammen aus Experimentum Mundi (Seitenzahlen in runden Klammern)

 

Wie also? Ich bin. Aber ich habe mich noch nicht. Wir wissen mithin noch nirgends, was wir sind, zuviel ist voll vom Etwas, das fehlt. (11) Was gesehen werden soll, muß vor uns gedreht werden. Erst dadurch können wir es vor uns hinhalten und bleiben darin nicht unmittelbar. (13) Desto wichtiger, aus dem Dunkel wie Nebel ums Jetzt und Hier immer wieder herauszustreben, dem klareren, vorab besseren Noch-Nicht auf den Fersen zu bleiben, wo es sich zeigt. Sich vom Nebel nicht täuschen zu lassen, über das Irrende darin scharf aufzuklären, aber auch über das darin immer wieder sich gärend Andeutende. (15) Zwischen Maler und Landschaft, Subjekt und Objekt liegt hier ein schädlicher Raum, analog dem bei der Luftpumpe so genannten, wenn zwischen Hahn und Kolben immer wieder eine Luftmenge bleibt, die in das auszupumpende Gefäß zurückfließt. Dieser Luftrest läßt sich vergleichen mit dem Rest von nicht ganz vertriebenem Dunkel des gelebten Augenblicks, der weithin analog im Problem des Vordergrunds sich erhalten hat (...) Und trotzdem soll, gerade mit Aufhebung des schädlichen Raums, die vor uns liegende Landschaft mit uns zusammen herausgestellt, herausgebracht werden. (17) Das Dunkel des gerade gelebten Augenblicks ist nicht allein in uns, subjektiv, sondern gleicher Art draußen, unter allem ziehend, was vorsichgeht (...) (50)

Prädikation Ergriffe stehen logisch vor dem Urteil, sind eine Vorstufe zu dem bestimmten Subjekt, das im Prädikat begriffen wird; Ergriffe werden im Prädizieren ihrer zu Begriffen bestimmt. (39) Ergriffe gehören also gar nicht ins grammatische Gebiet, sie sind rein logisch Begriffe in statu nascendi (...) Das Urteil setzt Ergriffe voraus, bildet aus ihnen Begriffe; (...) (40) Eine Urteilsform entwicklungsgeschichtlicher (...) Art, ausgedrückt durch die schlagende Formel "S ist noch nicht P" wirkt (...) irregulär (...) (behebt aber das hemmende Mißverständnis der Kopula). (41) Die logischen Grundsätze spielen (...) ihre vollständige Rolle erst in der Kategorienlehre, indem erst hier der Satz vom Widerspruch die Dialektik, der Satz vom zureichenden Grund die Kausalität und Finalität, der Satz der Identität die Substanzialität zunächst nur begriffshaft, dann aber sachhaft fundieren. (43) "Kategorein" heißt Aussagen, was in der Kategorie als Aussage gesagt wird, ist nicht, wie der erkenntnistheoretische Idealismus angibt, das Aussagen an sich, sondern der dadurch ausgesagte Rahmen, vor allem der ausgesagte Rahmen als Zeit und Raum, sodann die logischen Transmissionen zwischen seinen Inhalten, schließlich die Kategorienfolge als eine der kategorial-objektiven Gestalten selbst. (54) Das heißt, Logisches und Materielles stehen zueinander nicht in dem Verhältnis bloßer Analogie oder üblicher Entsprechung, sondern in einer umfunktionierenden, zu prüfenden und zu reflektierenden Entsprechung (conformitas, laut dem dialektischen Scholastiker Abaelard) von sachhaft Methodischem und Weltweg. (65)
Daß & Was Das Woher von allem steckt im Daß dessen, daß überhaupt etwas ist, und dieses Daß des Anstoßes wie des Werdens zum Sein genau als einem Prozeßsein liegt eben und überall im Dunkel seines noch nicht manifest gewordenen, immer erst punktuellen, unausgebreiteten Augenblicks. Das Was dieses Daß, der mögliche Sinngehalt seines im Weltprozeß sich herausexperimentierenden, zur adäquaten Manifestierung drängenden Daßfaktors, also der Sinn dieser Welt liegt selber noch in keinerlei Vorhandenheit(...). Item, das Hauptthema des Experimentum Mundi sind die Untersuchungen des in dem Dunkel des gelebten Augenblicks so treibenden wie sich selbst noch unenthüllten Noch-nicht-Seins, tunlichst als eines Seins wie Utopie. (31) Daß aber zwischen Daß und Was überhaupt bezogen werden kann: diese Beziehung ist selber die Grundkategorie, und alle anderen führen sie nur aus, alle anderen sind nur die fortgeführte Lichtung der aus dem Daß entspringenden Etwas-Vielheit durch ein Wegnetz. (71) Unter allem Dasein gärt die Frage des Seins und zwar, was entscheidend wichtig: als des nicht nur für uns, sondern sich selber noch ungelösten Rätsels des Anstoßes, des Ursprungs. (74) Die Kategorien sind das immer weiter sich ausprägende Relations-Wie, der versuchte Bezug des Daß zum Was, also in scholastischer Terminologie der quodditas zur quidditas und umgekehrt. (78)